verbannt. Wo sie selbstverständlich schlechte Quoten einfahren. Man muss nicht einmal nach Deutschland schauen, um bei der Suche nach Literatursendungen im Programmheft etwas länger zu brauchen. Wer erinnert sich etwa an das kurzweilige Format „ Lesen mit Thomas Maurer“? Genau, Sonntagsfrühaufsteher. Sagte man damals zu Maurer, man sehe seine Büchersendung, sagte er darauf: „ Ah, Sie sind das . . .“ Irgendwann wurde
[MEHR]sie sang und klanglos eingestellt. Warum muss das immer so sein? Ganz einfach, sagt Elke Heidenreich, es liege am Desinteresse von TVBürokraten: „ Die gehen vielleicht mal auf den Fußballplatz, aber die gehen nicht ins Theater, die lesen kein Buch.“ Wobei sich Heidenreich nicht für den hehren Kulturpurismus entscheiden würde: „ Ich seh mir ja auch gern eine Soap oder eine blöde Show an. So wie ich mir auch mal vier Puddingteilchen reinhaue, obwohl ich weiß, dass es ungesund ist. Aber man soll sich nicht ausschließlich davon ernähren.“ Und wenn es nichts anderes gebe, müsse man sich zwangsläufig dieser geistigen Bequemlichkeit ausliefern. Dabei wäre es so einfach, die Grenzen zwischen E und U einzureißen: „ Was ist das schon, E und U? Das gibt es nicht. Es gibt nur entweder gute oder schlechte, intelligente oder nichtintelligente Unterhaltung. Nehmen Sie , La donna è mobile‘ – ist das E oder U? Das ist zwar von Verdi, aber es singt jeder Pizzabäcker.“ Immer derselbe Quatsch. Würde es dann helfen, wenn in „ Wetten, dass“ nicht nur Dieter Bohlens neue Biografie vorgestellt würde, sondern auch mal ein gescheites Buch? „ Ja, natürlich. Als ich meinen ersten Erzählband geschrieben habe, da waren zufällig Senta Berger, eine gute Freundin von mir, und Marcel Reich Ranicki bei Gottschalk zu Gast. Die haben sich kurz über mein Buch, das sie noch nicht mal gelesen hatten, unterhalten. Und am nächsten Montag wurden 50.000 Stück verkauft. Die Wirkung wäre da, wenn man nicht immer denselben Quatsch machen würde. Man darf das ja auch lustig finden, wenn ein Laster auf vier rohen Eiern stehen kann, aber man kann dazwischen auch etwas Gescheites zeigen.“ Ins Bild passt dann für Heidenreich auch, dass die letzte „ Literatin“, die von einer TVTalkshow zur nächsten gereicht wurde, Ex TVModeratorin Charlotte Roche mit ihren „ Feuchtgebieten“ war: „ Analfissuren sind interessanter als Literatur. Es haben zu der Zeit sicher viele sehr gute Autorinnen sehr gute Bücher veröffentlicht, und wir haben es nicht bemerkt, weil alle auf Charlotte Roches Hintern gestarrt haben.“ Buchempfehlungen wird Heidenreich weiterhin abgeben, halt nicht mehr übers TV. Aber während der Buch Wien im Riesenrad („ Und ich hab doch Höhenangst!“). Oder gleich hier: „ Ich lese gerade mit Faszination , Der Knacks‘ von Roger Willemsen. Da geht es um das, worüber wir gerade sprechen, um den Verlust an Schönheit, an Qualität, aber auch an Haaren und Zähnen, um Momente, in denen unser Leben einen Knacks bekommt. Brillante Sätze, die wirklich Trost und Hilfe bieten.“ TIPP Buch Wien 08 Buchmesse 20.–23. 11, Messe Wien. Lesefestwochen: 17.–23. 11., Heidenreich im Riesenrad: 21. 11., 15 Uhr. Bookmarken bei [ ? ]: Elke Heidernreich: Geistjägerin « Die Presse.co m http://diepresse.com/schaufenster/salon/430206/index.do?from=rssscha... 3 von 4 14.11.2008 22:55