Prater Veranstaltungen Birgit Wittstock VORSCHAU: BIRGIT WITT STOCKSchlager,heisermitgegrölt;schunkeln bis zum Umkippen,tiefe Dirndldekolletees, nochtiefere Sprüche und fliegende Fäusteoans, zwoa, drei, g'suffa: Die Wiesnhat begonnen. Während seit vergangenem Wochenende auf der Münchner Theresienwiese zum 178. Mal das Oktoberfest steigt und sich die Stadt 22 Tageim Ausnahmezustand befindet, istman auf der Wiener Kaiserwi
[MEHR]ese damit beschäftigt, Zelte hochzuziehen, Container aufzubauen, Kabelzu verlegen und Gerüste zu verschrauben. Dassam kommenden Wochenende vor dem Riesenrad Tausende Menschen das erste Wiener Oktoberfest feiern sollen, ist noch schwervorstellbar. Das Areal, das mit Gitterzäunenabgesperrt ist, nimmt sich mit seinennicht einmal 10.000 Quadratmeterngemessen an der 42 Hektar großen Original Wiesn überaus bescheidenaus: Das Wiener Fest hat die Dimension eines etwas größeren Kirtages. Selbst das größte Zelt wirkt schmächtig. Dank des Praters wird die Wiener Wiesn das Münchner Spektakel,zumindest was die Fahrgeschäfte betrifft, in den Schatten stellen. Der Vergleich mit dem Münchner Oktoberfest ist, als würden wir unser Fußballnationalteam mit dem der Deutschen vergleichen', sagt Thomas Oberbauer, der als Veranstaltungsleiter für den Auf und Abbau verantwortlich ist. Es ist auchgar nicht unsere Absicht, mit dem Original zu konkurrieren.' Auf 200.000 Besucherhoffen die Veranstalter trotzdem. Das Oktoberfest, das bei den Deutschen bereits seit 201 Jahren gefeiert wird, ist längst zu einer Art globalen Franchise Party geworden. Obin London, Berlin, New York, Windhoek, Sydney oder Tokyo kaum eine Metropole auf der Welt, die das Bierfest nicht abgekupfert hätte. Alleaußer Wien. Zwar hat Wien mit dem Opernball einen eigenen Exportartikel und mit dem Donauinselfest auchnoch Europas größtes Gratis Open Air. Das reicht aber nicht. Zumindestnicht für Johann Leitner. Hunderte behaupten jetzt, sie hätten die Ideeschon vor mir gehabt', sagt der Veranstalter der Wiener Wiesn. Allein, nurer hat sie umgesetzt. Seit nunmehr 18 Monatenist der 42jährige Unternehmensberater aus Oberösterreich mit nichts als der Planungdes ersten Wiener Oktoberfestes beschäftigt. In Zeiten, in denen sich inaller Welt die Bewohner des globalen Dorfes, von Finanzkrisen gebeutelt,wieder in die eigenen Stuben flüchten, besinnen sich auch dieÖsterreicher ihrer Wurzeln: Seit einigen Jahren boomtdas Geschäft mit Trachten, Volksmusik und Zeltgaudi. Schunkelmusik ist mit einem Mal nicht mehrder Soundtrack von Pensionisten, Hausfrauen und Landeiern, sondernbegeistert die Massen. Plötzlichran..t:gieren Schlagerstars mit ihren Alben unter den meistverkauftenso2 gar vordem Neujahrskonzert der Wie:2 ner Philharmonikerund sind nichtmehr Kapellen, die aus betagten Männern mit langen grauen Bärten bestehen. Mit einem Mal sind junge Schlagermusiker erfolgreich, posieren mitnacktem Oberkörper, Elvis Tolle und Akkordeon, wie etwa Doppel Platin Träger Andreas Gabalier, den Leitnerals Ptiblikumsmagnet' sonntags im Hauptzelt zur besten Wiesn Zeit aufdie Bühne schickt. Es soll kein grindiges Zeltfest werden, sondern ein tolles Erlebnis', sagt Leitner. Offenbar hat Leitner einen guten Draht ins Wiener Rathaus, anderswäre es ihm wohl kaum gelungen,was andere jahrelang vergeblich versucht haben. Nämlich nicht nur dienötigen Genehmigungen, sondernauch noch den prominenten Platzvor dem Riesenrad für sein Oktoberfest zu bekommen. Kein Wunder also,dass das rote Echo Medienhaus neben Heute und dem ORF zu Leitners Medienpartnern gehört. Deshalb werdener und Ludwig Kleinlehner, Chef des Gösser Zeltes, wohl auch nicht müde,die Wiener Magistratezu loben, denen man an dieser Stelle wirk/ichein großes Dankeschön aussprechenmuss'. So gut habe die Zusammenarbeit funktioniert. Aber es ist auch dem einstigen Einzelhandelskaufmann Leitner nichterspart geblieben, sämtliche Magistratsabteilungen für die notwendigen Bewilligungen abzuklappern. Einziges Argernis: Im Gegensatz zum Münchner Oberbürgermeister Christian Ude ziert sich Wiens Bürgermeister Michael Häupl bislang noch, denoffiziellen Bieranstich zu übernehmen. Auch die heimische Prominenzwartet mit Zusagen noch ab. Johann Leitner ist trotzdemvom Erfolgüberzeugt. 20 bis 25 Zeltfeste habeer in den vergangenen eineinhalb Jahren besucht, erzählter, der in der Krachledernen, rotweiß kariertem Hemd und Flip Flops auf einem Barhocker im Salettl vor dem Riesenradschaukelt und auf seine Zelte schaut. Er wirkt zufrieden. Ich habe mirnatürlich überall Infos geholt. Ob die WCAnlagen, die Sicherheit oder die Gastronomie betreffend. Ich habe mit Brauereien, Erzeugern, Zeltverleihern, Gastronomen und Sicherheitsfirmen geredet.' Klar sei für ihngewesen, dass die Speisen und Getränkeauswahl typisch österreichisch unddie Preise ähnlich wie in der heimischen Gastronomie sein sollten. 7,80für eine Maß Bier und 3,90 für ein Krügerl. Nicht wie in München,wodie Maß fast zehn Euro kostet.' Abgesehen vom Ausmaß der Wiener Wiesn unterscheidet Leitners Konzept so manches vom Münchner Oktoberfest: Anders als auf der echten Wiesn muss man in Wien ein Ticketfür einen ' Sitzplatz lösen. Somit kostet der Eintritt mindestens 8,50 Euro. Nachmittags. Abends ist das billigste Ticket ab 25 Eurozu haben. Nur beimvormittäglichen Frühschoppen ist der Eintritt kostenlos. Zusätzlich gibt es Packages, die eine vorgegebene Anzahl von Speisen und Getränkensowie eine Fahrt mit dem Riesenrad beinhalten. Die kosten, je nachdem, 39und 59 Euro, oder für acht Personen160. Das Musikprogramm rechtfertigt die Eintrittspreise', sagt Leitner. In der Tat scheint sein Event mehr elftägiges Schlagerfestival als Bierfestzu sein: Neben Branchengrößen wie Jürgen Drews, Nino de Angelo und Andy Borg werden auch Jazz Gitti, O'zapftis Kommendes Wochenende eröffnet die erste Wiener Wiesnein Blick hinter die Zeltplanen Prater Veranstaltungen Birgit Wittstock Adi Hirschal, Boney M. und The Monroes auftreten. An die 100 Gruppenund Musiker hat Leitner gebucht, diein drei Zelten spielen werden. Unterteilt in drei Slots', sprich vormittags,nachmittags und abends. Die Uhrzeiten bestimmen die Ticketpreise. Die Münchner Theresienwiesehingegen braucht keine Stars. Dort geigendiverse Blasmusikkapellen auf, die jenach Zelt entweder Volkstümlicheswie Märsche und Polkas zum Bestengeben oder schunkel und mitklatschbare Party Hits nachspielen. Spätestens nach der zweiten Maß Bier stehen die Gäste ohnehin auf den Bierbänken und grölen mit. Die Qualitätder Musik gerät da schnellzur Nebensache, Hauptsache, Melodie und Textsind simpel gestrickt. Warum Leitner mit einem solchen Aufgebot anfährt? Ihm und seinen Geschäftspartnern ist klar, dassdie Wiener Wiesn frühestens ab demdritten Jahr Profit abwerfen wird. Wasnur gelingen kann, wenn sich das Festals Marke etabliert. Die Party sollim Vordergrund stehen', sagt Leitner. Sein erklärtes Ziel: Es soll natürlich irgendwann wie in München laufen: Am dritten Oktober sollen sichdie Leut auf die Wiesn freuen.' Dannbrauche es auch dasganze Staraufgebot nicht mehr. Auch ' Oberbauer istder Meinung, dass die Inszenierungkein Problem sei. Es brauchtnur den Mut, die Wiesnzu leben. Tracht mutet zwar innerhalb von Wien kuriosan, aber in München funktioniert esauch', sagt er. Es brauchenur die Tradition, der Rest würde dannvon alleine kommen.35.000 Tickets hat Leitner bisherverkauft. Er rechnet mit mindestens100.000 Besuchern. 37 Prozent der Reservierungen kämenaus dem Ausland, vor allemaus dem Osten. Während in Münchenan die sieben Millionen Besucher in14 Festzelten,groß wie Fußballfelder, feiern, fasstdas größte Zelt in Wien gerade einmal 2000 Leute. Die mangelnde Größe soll der Atmosphäre aber keinen Abbruch tun: Während im Gösser Zelt gerade zwei Burschen damit beschäftigt sind, grüne und weiße Stoffgirlanden zu spannen, sieht Thomas Oberbauer nach dem Rechten. Fünf Kilometer Stoff seienzur Dekorationverbraucht worden, sagter. 700 Heurigentische und bänke für alle Zelte stapeln sich noch im hinteren Teildes Zeltes. Insgesamt benötigenwir zwei Wochen für den Aufbau mit2500 Mann Tagen.' Seit sechs Monaten arbeiteter andem Projekt Wiener Wiesn. 18 Sattelzüge haben nachts nach und nach die20 Tonnen schweren Zelte und Gerüste angeliefert. Für Leitner läuft allesnach Plan. In den kommenden Tagenfolgen noch 15 Container, in denendie Cateringfirmen ihre Nahrungsmittel gekühlt lagern können. Seinerund 350 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen werden in Tischkellner und Zubringer unterteilt sein, erklärt Gösser Zelt Betrei ber Ludwig Kleinlehner. Während die Kellnerinnen am Oktoberfest selten unter 14 Maß, dieknappe 30 Kilo wiegen, tragen, wirdes das Servierpersonal in Wien bedeutend einfacher haben: Die werdenmit PDAs ausgestattet, da erfolgendie Bestellungen elektronisch. Daswird bedeutend schneller gehen alsin München.' Dort sind die Wege oftmals weit, da die Bedienungen je nach Bestellungen verschiedene Küchenansteuern müssen. Hinzu kommt der Balanceakt durch die Massen. Nichtselten geht dabei ein Tablett mit 40halben Hendln in der Menge baden. In Wien solles hingegenandersals bei Zeltfesten eigentlich üblichmanierlich zugehen: Flaschenweine, Schampus und Garnelen in den VIPBereichen, eine lange Speisekarteund das alles auf Porzellan und in feinen Gläsern serviert. Damit die Festzelte nichtwie es in München der Fall istso gerammeltvoll werden, dass selbst die Bedienungen Security Männer brauchen, dieihnen den Wegzuden Tischen bahnen, will es Johann Leitner mit dem Einlass ganzgenau nehmen: Es werden nur so viele hineingelassen, wie Sitzplätze vorhanden sind', sagter. Momentan ist der Wiener Wiesn Mann aber vor allem damit beschäftigt, die Wetterprognosenzu studieren. Zwar hat er Wärmepilze für die Zelte organisiert, Regenwetter könnte ihm dennoch einen Strich durchdie Rechnung machen. Die Vorhersagen aber stehenauf seiner Seite. Auchdassdasoffizielle Wiener Wiesn Dirndlvom Trachtenmodenhersteller Suchodolski, in dessen Gänserndorfer Shop um satte 180 Eurozu haben,bereits ausverkauft ist, zumindest die Größe 36, stimmt ihn zuversichtlich. Und das, obwohl immer noch nichtklar ist, von wem undzu welcher Uhrzeit am 23. September seine Bierparty offiziell eröffnet werden wird. Dashängt alles von der Gunst des Bürgermeisters ab und der lässt sich wiesooft immer noch bitten. Wien ist anders als Bayern: Hier gilt das Krügen l als das Maß der Biere Prater Veranstaltungen Birgit Wittstock