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[MEHR]chiv Aktuelle Kamera Europa Aktuelle Kamera Österreich Aktuelle Kamera Steiermark Dolm/ Hero Newsletter Abo Kontakt erweiterte Suche Die beste Stadtzeitung Europas. Einarmige Banditen vor Gericht Mit welcher Begründung die Staatsanwaltschaft St. P ölten ein Monsterverfahren gegen die Glücksspielfirma Novomatic beendete Falter 17/2012 vom 25.4.2012 Ressort Politik "quot;gt; Glücksspiel Autor Florian Klenk
  Twittern 3 diesen Falter bestellen Die ' Aktuelle Kamera' von Herwig G. Höller dokumentiertund informiert in loser Folgeüber Ereignisse von nationaler Tragweite.• Österreich • Steiermark falter.at Falter Top Stories http://www.falter.at/web/print/detail.php?id=1621 1 von 3 26.04.2012 00:34 Es war ein Monsterverfahren, das die Kriminalpolize i da losgetreten hatte: Dutzende Polizeieinheiten und das Finanzministerium waren in volviert. Rund 300 (!) Mal erstatteten Landeskriminalämter, Finanzämter, die Staatsanwalts chaften und Spieler Anzeigen gegen die Gumpoldskirchner Glücksspielfirma Novomatic und der en Manager. Der Vorwurf war stets derselbe: Der Glücksspielkonz ern betreibe verbotenes Glücksspiel. Mit modernsten Automaten werde in Spielhallen, auf Tank stellen oder in den Hinterzimmern von Wirtshäusern das (mittlerweile zugunsten der Novoma tic geänderte) Glücksspielgesetz gebrochen. Es sah damals vor, dass Spieler nur mit einem Höchsteinsatz von 50 Cent pro Spiel maximal zehn Euro gewinnen dürfen. Doch die Novomatic Automaten waren moderner als das Gesetz, das noch einarmige Bandite n vor Augen hatte. Ein Novomatic Automaten„ Spiel“ ra tterte in Zehntelsekundenschnelle ab. Die Automaten ruinierten tausende Spieler, die in wenig en Sekunden ein Vermögen verloren. Die Wettcafés hatten sich in Vorstädte und Dörfer g efressen, deren Politiker sich spät, aber doch gegen die Glücksspielsucht erhoben. Die Polizei ver suchte, die Automaten zu beschlagnahmen: vergebens. Dann schalteten sich junge Wiener SPÖ Po litiker ein. Erfolgreich drängten sie Bürgermeister Michael Häupl zu einem Verbot des kle inen Glücksspiels, das 50 Millionen Euro in die Stadtkassen spülte, aber enorme soziale Schä den anrichtete. Auf Bundesebene ist nun auch SPÖ General Günther Kräuter für ein Verbot. Was aber unternahm die Justiz gegen das, was viele Spieler so massiv schädigte? Sie ermittelte jahrelang. Sie sammelte vernichtende und entlastend e Gutachten, befragte Spieler und Manager. Dann stellte die Staatsanwaltschaft St. Pölten das Verfahren ein – mit einer ungewöhnlichen Begründung. Die Staatsanwaltschaft schloss sich der Rechtsmeinu ng des Glücksspielexperten und Rechtsanwalts Walter Schwartz an, der die Novomatic Automaten, anders als viele andere Gutachter, als „gesetzeskonform“ bewertete. Schwartz, so die Staatsanwaltschaft, sei ein integr er Mann: „ Hinweise auf ein Gefälligkeitsgutachten“, so hält die Justiz fest, „ finden sich nicht“. Im Gegenteil: Schwartz’ Expertise komme „erhebliche Bedeutung zu, zumal es sich bei diesem um einen Rechtsexperten des Glücksspielrechts in Österreich handelt“. Er se i Mitherausgeber des vom renommierten Manz Verlag herausgegebenen Gesetzeskommentars zum Glücksspielgesetz. Spannend wird die Sache, wenn man sich Schwartz’ Mandanten und den zweiten Herausgeber des von der Justiz zurate gezogenen Manz Gesetzesko mmentars ansieht: Es ist Franz Wohlfahrt, der Generaldirektor der Novomatic. Und Anwalt Schwa rtz, so zeigt die Novomatic Akte, ist nicht nur sein Co Autor, sondern arbeitete auch als Anwalt für den beschuldigten Konzern. Die Vertreter jenes Unternehmens, gegen das jahrela ng ermittelt wurde, schreiben also den Gesetzeskommentar, auf den sich die Staatsanwaltsch aft beruft, um das Verfahren einzustellen. „ Das ist ungewöhnlich“, sagt ein hoher Staatsanwalt , „aber nicht zu beanstanden“. Die Justiz dürfte die Kritik an diesem Vorgehen woh l schon geahnt haben. Und so heißt es im Einstellungsbeschluss weiter: „ Unabhängig davon, ob man der Rechtsmeinung des Rechtsanwalt Dr. Schwartz folgt oder nicht, ist damit die Verant wortung des Beschuldigten, er habe sich beim Betrieb der Automaten auf Gutachten verlassen, nich t widerlegbar“. Selbst wenn Novomatic Manager rechtswidrig gehandelt hätten, sei dies nic ht strafbar, da ein „allfälliger Rechtsirrtum nicht vorwerfbar ist“. Die Glücksspielexperten wuss ten halt im Zweifel nicht, wie das Gesetz zu verstehen ist. Die Ermittler des Landeskriminalamtes haben so eine Begründung irgendwie erwartet. Die Kripo beklagte schon vor Jahren in einem Bericht, d ie Novomatic habe einen „ Schutzwall“ gegenüber den Behörden durch „geschicktes Lobbying“ aufgeschüttet. „ Es wird bemerkt“, so hält ein Kriminalbeamter fest, „dass durch die Novomatic Gruppe offensichtlich massives Lobbying ( Politik, Beamte etc.) zugunsten dieser ( Automaten, Anm.) betrieben wird und im Umfeld dieser Firmengruppe Sachverständige durch das Anbieten von guthonorierten Beraterverträgen für objektive Ermittlungen nicht mehr herangezogen werd en können.“ Die Justiz hat auf diese Kritik reagiert und den Wiener Informatikprofessor Marcus Hudec um ein Gutachten zu den Gutachten gebeten. Es fiel vernichtend aus. Gewinne und Verlu ste, so hielt er fest, würden „die Grenze des kleinen Glücksspiels um ein Vielfaches überschreite n“. Zu einem ähnlichen Ergebnis kamen auch andere Gutachter. Man würde nun mit einer Anklage rechnen. Doch die J ustiz findet auch hier ein entlastendes falter.at Falter Top Stories http://www.falter.at/web/print/detail.php?id=1621 2 von 3 26.04.2012 00:34 Argument: Die Behörden genehmigten ja die Automaten , daher kann deren Betrieb nicht rechtswidrig sein. Doch auch diese Genehmigungen kamen auf eigenartige Weise zustande, wie der Falter berichtete. In Wien waren an den Genehmigungen Komm issionen beteiligt, in denen Automatenbetreiber den Vorsitz innehatten. In Niede rösterreich rügte eine interne Revision, dass die Automaten rechtswidrig bewilligt wurden. Konseq uenzen wurden daraus nie gezogen. Die Novomatic hat also auch das Spiel gegen die Jus tiz gewonnen, und der scheue Novomatic Boss Johann Graf zählt zu den reichsten M enschen des Landes. Das Engagement der besten Juristen hat sich gelohnt. Ausgestanden ist die Sache für die Novomatic dennoc h nicht. Denn der Konzern hat einer Firma von Karl Heinz Grasser 450.000 Euro angewiesen. Gle ich darauf wurde das Geld an Walter Meischberger weitergereicht, jenen Lobbyisten, der rund um die Deals des Finanzministeriums Millionen mitgeschnitten hatte. Die Justiz vermutet „ Bestechung“. Die Novomatic, so der Vorwurf, wollte die Politik schmieren, um ein liberales Glücksspielgesetz zu be kommen. Karl Heinz Grasser, der laut Zeugenaussage seines P arteikollegen Günter Stummvoll den Nationalrat mit Novomaticfreundlichen Regierungsvo rlagen „überrumpeln“ wollte, weist den Vorwurf zurück. Die Novomatic betont, nie irgendetw as Verbotenes getan zu haben. nach oben Nachdruck bzw. Textübernahme auch auszugsweise nur mit schriftlicher Genehmigung der Falter Zeitsc hriften Gesellschaft m.b. H. gestattet. 2012 Falter Verlagsgesellschaft mb H Impressum | Mediadaten | Kontakt Startseite falter.at Falter Top Stories http://www.falter.at/web/print/detail.php?id=1621 3 von 3 26.04.2012 00:34