Tradition Lustau Tradition Das Wiener VViesn Fest kombiniert österreichische Tradition mit Zeitgeist und Lebensfreude. Dabei steckt weit mehr hinter der Lust an Dirndl, Lederhosen und Landleben: Die Suche nach den wahren Werten.vom27. September bis zum 7. Oktober heißt es im Messezentrum Prater zum zweiten Mal Herzlich Willkommen auf dem Wiener Wiesn Fest'. Nach der erfolgreichen Premiereim vergangenen Jahr ist Geschäftsf
[MEHR]ührer Christian Feldhofer davon überzeugt,dass die Österreicher ihre Wurzeln und Traditionen leben'. So ist es, immerhinrührt der Erfolg von Musikantenstadl, Mei liabste Weis oder der Hitparade der Volksmusik nicht von irgendwoher. Undneben Altmeister Hansi Hinterseer füllenmittlerweile zahlreiche weitere Schlagersänger große Hallen, vom Alpen Elvis Andreas Gabalier bis hin zum Schlagersternchen Antonia, das übrigens auchauf der Wiener Wiesn ein Konzert gebenwird. Ganz so neu ist aber die Lust an Dirndl, Lederhosen und Landleben gar nicht,verzeichnen doch einschlägige Modeketten wie die Zillertaler Trachtenweltschon seit einigen Jahren stetig steigende Verkaufs und Umsatzzahlen. Ebensowollen Versandhäuser wie Otto mit Trachten Kollektionen Lust auf Kirtagemachenund damit auf den Trend Zugaufspringen. Es gilt dabei allerdings,zwischen kurzfristigen und längerfristigen Trends zuunterscheiden', erklärt Sergej Kreibich, Geschäftsführer der Kommunikationsagentur spitzar in Dornbirn. Mode ist normalerweise eherim kurzfristigen Bereich angesiedelt. Dass eine gelungene Mischung aus Tradition und Moderne aber auch langfristig Erfolg haben kann, zeigt etwa die Südtiroler Modemarke Luis Trenker.'1995 als reines Modelabel in Bozengegründet, werden heute Accessoires,441 Zukunfts Branchen 1 September 2012aber auch Polstermöbel, Marmeladeund Beautyprodukte angeboten. Luis Trenker ist zur Lifestyle Marke avanciert. Markenzeichen Österreichs Doch während sich die einen über den Trachtenboom freuen, echauffierensich die anderen darüber, dass dasgute alte Dirndl' durch modische Einflüsse nahezu entehrt wird. Schließlich ist die Tracht ein wichtiger Teil unserer Geschichte, stiftet Identität und ist sicherlich auchein Markenzeichen Österreichs. Dass dem so ist, hat auch die Österreich Werbung für sich entdeckt und ließ das Urlaubsland Österreich diesen Sommervon 40 Dirndl Botschaftern'bei ausgewählten Events in New York und auf Social Media Plattformen bewerben. Laut Michael Gigl, Region Manager Österreich Werbung USA "quot; Australien, stehtdas Dirndl für die spannende Kombination von überliefertem Brauchtum undmodernem Design, und vor allem für die Lebensfreude und Gastfreundschaft, die Besucher immer wiederkehren lässt.' Apropos: Auch im Tourismus ist die Lustauf Dirndl und Co. klar erkennbar. Urlaubam Bauernhof' ist nur eines vonvielen Ergebnissen dieses Trends. Der Erfolg der Marke rührt unter anderemwohl daher, dass es unterschiedliche Angebote gibt: Von der Almhütte bis hinzum Winzerhof bzw. von der zünftigenund traditionellen Hüttengaudi bis hinzum Alpine Lifestyle. Touristiker waren eine der ersten, diediesen Trend aufgegriffen haben. Wobei: Für die heimischen Bergregionen war esvielmehr eine Rückkehr zu ihren Wur zeln', weiß Kreibich, dessen Agentur seitvielen Jahren auch erfolgreiche Strategieund Kommunikationskonzepte für Tourismusbetriebe entwickelt von Hotelsüber Tourismusverbände bis zu weltweittätigen Unternehmen wie die Lufthansa,aber auch für Investoren und Projektentwickler. Auf der Suche nach... Was aber steckt hinter der Lust an Lederhosen, Dirndl und Landleben? Trendforscher, Werbefachleute und Kommunikationsexperten sind sich einig: Es ist die Suche nach den wahren Werten, nach Echtheit, Authentizität und Menschlichkeit. Wir leben und arbeiten in einer global vernetzten Welt. Dank EMail, Facebook, Xing und anderen Social Media Plattformen ist der Geschäftspartner inden USA oder der ehemalige Studienkollege aus Australien genau so nah wie der Nachbar zuhause. Kreibich: Echte Werte gewinnen wiedermehr und mehr an Bedeutung. So gesehen handelt es sich um eine Gegenreaktion zur Globalisierung.' Dass gerade die Kommunikationsbranche solche Trendsliebend gerne aufgreift, versteht sich vonselbst. Interessant ist freilich, dass sichsolche Strömungen nicht nur in der Modebranche, sondern auch in etlichen anderen Lebensbereichen finden. So findet eine ( Rück) Besinnung auf traditionelle Werte etwa auch in der Gastronomie, der Kulinarik bzw. der Ernährungund Lebensmittelbranche statt: So musste Almdudler' seine Wurzeln erst garnicht wiederfinden, wirbt das bekannteheimische Getränkt aus natürlichen Alpenkräutern seit mittlerweile über 50 Jahren erfolgreich mit Trachtenpärchen, Bergen, Kuhglocken und nicht zuletztmit dem genialen Slogan: Wenn de kan Oimdudla haum, geh' i wieda ham'. Andere wiederum fanden Zurück zum Ursprung' ( Hofer) oder setzen sich seit Neuestem für die Erhaltung vieler alter Handels und Lokalsorten ein ( SPARwie früher'). Wobei viele sowieso auf den Einkauf im Supermarkt verzichten und ihr Gemüseim eigenen Garten, mitunter sogar aufdem Balkon anbauen. Während sich aberdie einen damit begnügen, Kresse aufdem Fensterbrett zu züchten, Tomatenund Kräuter auf dem Balkon zu pflanzen, Zucchini und Salatköpfe aus dem Tradition Sergej Kreibich, GFder Kommunikationsagentur Spitzar in Dornbirn: Es gilt, zwischenkurzfristigen undlängerfristigen Trendszu unterscheiden.' Garten zu holen oder das Obst für dieselbstgemachte Marmelade vom Baumzuschütteln, mutieren andere ganz zum Selbstversorger. Raus aufs Land' lautet die Devise dannaber doch vorwiegend nur im Urlaub dort leben wollen nur die wenigsten. Im Gegenteil, die meisten zieht es in die Stadt: Von der Abwanderung sind hierzulande vor allem die Landbezirke in Kärnten, der Steiermark und in Niederösterreich betroffen, die laut Statistik Austria bis zum Jahr 2030 zehntausende Einwohner verlieren werden. Nichtsdestotrotz wird der Rückzug in die eigenenvier Wände zelebriertdas sogenannte Cocooning ist sowohl in der Stadt alsauch auf dem Land deutlich zu spüren. Moderne Tradition Die Lust auf ' Fracht, Volksmusik, Landleben und Tradition als Gegenreaktion aufdie Globalisierung, die Suche nach denwahren Werten in wirtschaftlich eherschwierigen Zeiten sind immer wiederkehrende Strömungen und für die Konsumenten derzeit wohl so etwas wie einsicherer Hafen. Für die Werbebranchehaben Dirndl und Co. laut Kommunikationsexperte Kreibich mittlerweile aberschon wieder fast ausgedient, schließlichmuss die Kreativwirtschaft immereinen Schrittoder besser einen Trend voraus sein. Wenngleich Kreibich den Trachtenboommit all seinen Auswüchsen also bereitsals zu abgedroschen' bezeichnet,schließt er nicht aus, dass es in zwei bisvier Jahren wieder zu einem neuen Aufflackern dieses Trends kommen kann: Dann aber in einer leicht anderen Ausformung als das momentan der Fall ist. Dabei müssen natürlich Veränderungenzugelassen werden, was meiner Meinungnach gerade das Spannende daran ist: Erst wenn alte Traditionen mit neuen Einflüssen kombiniert werden, könnengänzlich neue Trends entstehen.' September 2012 1 Zukunfts Branchen145