Wiener Zeitung 02.11.2013 Prater Wien MICHAEL PRÒ NAY Eigener Weinim Wirtshaus: Stoppelgeld/ Auchwenn esheutzutage eher sehen vorkommt: Es ist durchaus möglich, Weinausdem eigenen Keller ins Gasthaus oder Restaurant mitzunehmen. Wir habenunsumgehört. TEXT: MICHAEL PRÖ NAYAIlerdingsmüssen zwei Voraussetzungen gegeben sein: Zumeinen muss der Betreiber des Gastronomiebetriebs einverstanden sein,zumandern hat dieser das Recht, daf
[MEHR]ür ein Entgelt einzufordern,eben das Stoppelgeld, in Österreich auch Korkengeld geheißen. In der deutschen Schweiz kenntman esals Zapfengeld'. Fangen wir mit einemn der renommiertesten Betriebe Wiens (aber durchausauch Österreichs)an, dem Restaurant Steirereck in der Meierei im Stadtpark. Wir kennen Adolf Adi' Schmid, den Chefsommelier, seit beinahe 30 Jahren. Dass Gäste ihren eigenen Wein mitbringen möchten, kommt vor, wenn auchnicht extrem oft: So maximal einmalmonatlich.' In aller Regel istes einbestimmter Anlass, seies eine Hochzeit,bei derman mit einem bestimmten Wein anstoßen möchte, oder aber aucheine besondere Jahrgangsrarität, diemanbei einem Jubiläumzurfeinen Küche konsumieren will. Wie hältes Adi Schmid mit dem Stoppelgeld? Also,diejenigen, die gelegentlich ihre eigene Flasche mitbringen, das sind langjährige Stammgäste, da berechnen wir_uichts.' Und sonst? Ja,wenn da ein Wildfremder anruft, dann werdenwir unswohl etwas überlegen.' Wobei hier ein Detail angesprochenwurde, das jedenfalls erwähnenswert ist: Sollten Sie, werte Leser, je Lust verspüren, ihre eigene Flasche ins Restaurantmitzunehmen: Bitte jedenfallsum vorherige Kontaktaufnahme mit dem zuständigen Mitarbeiter. Das löst garantiert allepotenziellen Verspannungen. Interessanterweise sind wir auf einen Betrieb gestoßen, in dem das Stoppelgeldgenau geregelt ist, ja die Gäst'e sinddort durchaus eingeladen, ihreeigenen Lieblingsflaschen mitan Bordzunehmen. Die Rede istvom Abendrestaurant Holy Molyam Badeschiff im Donaukanal unterhalb des Franz Josefs Kais. Restaurant und Küchenchef Christian Petz: Seit Beginn haben wir kundgetan,dass mitgebrachte Weine herzlich willkommen sind. Für 14 Euro servieren wirjede mitgebrachte Flasche fachgerecht.' Wobeies noch eine weitere Attraktionan Bordgibt: Wein "quot; Co bespielt eine Vitrine mit feinen Flaschenausdem eigenen Angebot. Serviert werden sie zum Ladenpreis zuzüglich der erwähnten14 Euro. Auch größere Festivitäten miteigenen Weinen sind kein Problem. Petz: Ein Anruf genügt, wir können dadurchaus offensiver werden, wichtigist,dassunsere Gäste wirklich Spaß haben.' Die Stoppelgebühr ineinem Restaurantbeträgt üblicherweisezwischen10 und 15 Euro. Josef Philipp Bitzinger ist der Sohnvon Josef Sepp' Bitzinger, dem durchausnicht unbekannten Pächter des Augustinerkellers unter der Albertina. Kürzlich kamneben den Würstelständenebendort und im Praterein weiterer Ableger in der inneren Währinger Straßehinzu. Josef Bitzinger: Internationalüblich sind irgendwo zwischen10 und15 Euro. Anfragen sind aber höchst seiten.' Was allerdings gelegentlich anfällt,sind Weinverkostungen, aber das lösenwir mit einem Pauschalpreis für Wasser, Brot, Käse und natürlich den Service.' Im Freyenstein' in Wien Währingkocht Meinrad Neunkirchner, Chefinist Eva Homolka. Zum Stoppelgeld: » Daskommt sehr seltenvor. Im Jahr vielleichtzweimal, das sind dann Stammgäste,da ist Korkgeld fürunskein Thema.' Der weinaffine Karl Meixner führt dasgleichnamige Wirtshaus beim Reumannplatz in Wien Favoriten: Grundsätzlichkann jeder seinen Wein mitnehmen. Meistens tun das Freunde, und da ist miteinem Glas für mich das Thema Stoppelgeld erledigt. Wennes Fremde sind,dann nehmen wir 15 Euro.' Das Korkengeldwar sogar einmal Gegenstand eines Prozesses, deranno1914 bis in die letzte Instanzvordas Reichsgericht in Berlin ging, allerdingsnicht im hier abgehandelten Sinne. Vertreter eines Schaumweinproduzenten in Frankreich offerierten den Kellnernvon Restaurants 25, später 35 Reichspfennigje abgeliefertem Sektkorken,umden Umsatz der eigenen Marke anzukurbeln. Das Geschäft florierte, die Kellner nahmendas Korkengeld mit Wissen ihrer Vorgesetzten, also der Geschäftsinhaber,in Empfang. Was aber schließlichaus Wettbewerbsfairnessgründen gerichtlichuntersagt wurde. Wiener Zeitung 02.11.2013 Prater Wien MICHAEL PRÃ’ NAY