Prater Wien Hans Peter Jauk [ Blitztreffen mit Langzeitfolgen Erst istes nurein Mensch, dann werdenesimmer mehr. Wer nicht eingeweiht ist, wundert sich überden Andrang. Das Phänomen ist nicht mehrganz neu,dochnunwerden Flashmobs als politisches Instrument eingesetzt undvon Kommunikationsagenturen benutzt,umim öffentlichen Raum Werbebotschaften unters Volkzubringen. VON HANSPETER JAUKMankann jeden seiner Schritte hören. Markus
[MEHR]Lanz tänzelt die Stiege hinab undbegrüßt das Publikum in derausverkauften Wiener Stadthalle. Es iststill. Auch bei einem Medienprofiwie Wetten, dass?!' Moderator Markus Lanz sind diese Momentequälend lang und ungewiss. Nachzehn Sekunden springt das Publikum auf, laute Musik ertönt, die Menge bebt. Applaus brandet auf. Und Moderator Lanz weißnun auseigener Erfahrung, wie intensiv ein Flashmob wirken kann.[ Das Besondere daranist nicht immer die Aktion, sondernessind ihre Folgen. Menschen, die einander nicht kennen, verabreden sich bei Facebookoder Twitter und treffen sichzueiner vereinbarten Uhrzeit an einembestimmten Platz,um gemeinsamzu erstarren oder einen Tanz aufzuführen. So schnell, wie sich die Teilnehmer gefunden haben, trennen sie sich dann auch wieder undgehen ihrer Wege. Das Besondere daran ist aber nichtimmer die Aktion an sich, sondernes sind ihre Folgen: Passanten, dieim öffentlichen Raum überraschtwerden, haben keine Ahnung,wasda mit ihnen geschieht. Sie reagieren verdutzt, verwirrt oder vollkommen verrückt. Viele Zuschauerzücken ihr Handy und stellen die Videos der Aktion ins Internet. Somit haben die Organisatoren des Flashmobs erreicht,was sie wollten: Man' spricht darüber. Und die Aktion wird über Plattformen wie You Tube für die Weltöffentlichkeitsichtbar, und auch die konventionellen Medien springen häufig auf den Zug auf und berichten darüber. Damit können mit solcherart orchestrierten Aktionen diverse Inhafte für Marketingzwecke mitkommuniziertwerden. Der öffentliche Raum wirdsomit genutzt, um kostenlos für ein Anliegen oder Produktzu werben. Da die Sozialen Netzwerke via Smartphone und Internet mobilerreichbar sind, potenziert sich der Vernetzungseffekt. Entscheidend fürden Erfolg einer Aktion ist aber das Thema', meint Geht Götzenbrucker, Kommunikationswissenschafterin und Privatdozentinan der Uni Wien. Auchinkleineren Dimensionenwirddieses Marketinginstrumentimmerwiedererfolgreich.eingesetzt. Im Wiener Prater setzte Madame Tussauds Wachsfigurenkabinett auf Hunderte tanzende Jugendliche, um auf die Enthüllungeiner neuen Wachsfigurdie denaktuellen Teenyschwarm Justin Bieber verkörpert,aufmerksamzumachen: Von allen Seiten strömtenkreischende Teenagerhauptsächlich weiblicheauf den Riesenradplatz im Wiener Prater,um bei der Präsentation dabeizu sein. Popidol Justin Bieber dürftevon dem Spektakel allerdings kaumetwas mitbekommen haben. Aberes war gutes Marketing,pünktlichzurneuen Single; und auch Madame Tussaudshatte ihre Schlagzeilen. Viele Zuschauer zückenihr Handy und stellendie Videos der Aktion Internet. Sogar im abgelaufenen heimischen Nationalratswahlkampf sind Flashmobs eingesetzt worden,um aufsich und seine Partei aufmerksamzumachen: Robert Lugarvom Team Stronach etwasetzte aufeinen solchen im Vorzugsstimmenwahlkampf,um seine Chance aufein Mandatzu erhöhen. Eine Aktionnur um der Aktionwillen wird nicht abheben',sagt Markus Mazuran, Leiter der Werbeagentur Wien Nord. Ermuss eswissen. Imvergangenen Jahr verantwortete er für den Werbekunden Prater Wien Hans Peter Jauk Opel das virale Marketing beim W/ GTITreffen am Wörthersee. Bierselige VWFans waren auf vielesgefasstaber nicht darauf: Gratis TShirts mit der Aufschrift Leidergeil' wurden an die Tuning Fansverteilt. Als die VWGranden Winterkorn und Piech gemeinsam die Veranstaltung vor170.000 Menschen eröffnen wollten, flattert ein Werbebanner an einem Flugzeuggut lesbar über die Menge. Derneue Opel Corsa. Leidergeil.' Wütende VWFans verbrennen da[ Flashmobsstehen in der Tradition der reclaim thestreets' Bewegung.raufhin ihre TShirts oder urinierendarauf. Opel aber gelingt ein Coupwider das altbackene und ramponierte Image des Opel Konzerns. Tausendeverbreitendie Aktionder Party Crasher'. selbstder ORFZi B' sind das ein paar zappelige Bilder wert. Endlich knallt'die Marke Opel einmal wieder: Mit Chuzpe zu neuem Prestige für denklammen Autobauer. Flashmobs stehen in der Traditionder ,reclaim the streets. Bewegungund haben, neben dadaistischen oderkünstlerischen Implikationen, häufigeinen aktivistischen Hintergrund', erläutert Dozentin Götzenbrucker Essei häufig eine Form des zivilen Ungehorsams, sich im öffentlichen Raumzu versammelnund zu demonstrieren. Es handle sich dabei zwar umein Recht der Bürger auf freie Meinungsäußerung. Da aber meist keine Genehmigung vorläge, bewegten sichdie Teilnehmer in einer juristischen Grauzone, meint die Expertin. Jede Aktion lebt von derÜberraschung: Mittlerweile schwört auch somanche Marketingagentur auf diesen Kick. Seit mehreren Jahren schon sitzen Zuschauerin Form des T' Logosbeim FC Bayern im Stadion. Die Deutsche Telekom ist Hauptsponsordes Vereins, der Werbeschriftzug soimmer präsent im Bewegtbild. Auchdie Tochter TMobile setzt auf Flughäfen weltweit Flashmobs ein: Vermeintlich getrennte Geliebte sehensich mit großen Spektakel wieder. Die Reisenden sind verdutzt, aberauch entzückt von der Performance. Nur ein paar Schritte weiter kannman dannauch gleich einen neuen Handyvertrag abschließen... Ein Risiko ist immer dabei', meint Werber Mazuran. Egal ob Viral Marketing oder Flashmobs, das gewisse Maß an Unberechenbarkeitmacht es zwar spannend, aber auchgefährlich. Für einige Kunden zu gefährlich.' Doch die Werbestrategen setzenbislang fast ausschließlich auf Konsummarken mit einembreiten Absatzmarkt. Vielleicht öff[ Dasgewisse Maß an Unberechenbarkeitmacht es zwar spannena,aber auch gefährlich.nen sich bald auch andere Firmenden neuen Instrumenten. Denn sogibtes die Möglichkeit des Markenmehrwerts. Aber eine Markemuss deutlich strategischergeführtwerden, um auf Dauer erfolgreichzu sein. Virales Marketing trifft einfach schneller ins Herz. Und es hatnicht den Anschein. als würde mangekaufte Flächebespielen', fasst Mazuran die Strategie zusammen: Es ist wichtig, dass die Menschenvon sich aus konsumierenwollen. Dann haben wir unsere Job gut gemacht.' Zum Autor Hans Peter Jauk Der 1985 geborene Steirerist ORFRedakteur. Nach Nach seiner Ausbildung zum Tourismuskaufmann undeinigen Stationen in der Gastronomie im In und Auslandstudierte er Publizistik in VVien. Während dieser Zeitwar er unteranderem fürdie Kleine Zeitung, den ORFSteiermark und die Antenne Steiermark tätig.