Wiener Zeitung 06.06.2015 Prater Wien Thomas Trescher 07.06.2015 für Prater Wien Gmb H und Wiener Praterverband zum eigenen Gebrauch nach §42a Urh G. Was ist mit dem Krokodil passiert? Das Pratermuseum erinnertandie Zeit, als Alligatoren in gekochtem Wasserzur Erheiterung der Wiener dienten. Von Thomas Trescher Wien. Wenn der Stuwer ein Feuerwerk plante, dann war klar: Eswird spektakulär. Und es wirdwahrscheinlich gar
[MEHR] nicht stattfinden, weil es am Tag eines Stuwerschen Feuerwerks immer regnet. Das hat Johann Georg Stuwernach dem heute jenes Viertel im2. Bezirk benannt ist, in dem damals die Feuerwerke abgefackeltwurdenauch irgendwann erkannt Deshalb hater begonnen, Versicherungs Billets' zu den regulären zu verkaufen: Für einenkleinen Aufpreis waren diese Karten auch beim Ersatztermin gültig. Die Feuerwerkedas erstewurde 1774 gezündetwaren ihren Preis offenbar wert: Bis zu25.000 Menschen zahlten dafür Eintritt. Stuwer hat mit Feuer Konturen in die Luft gezeichnet;ein Schiff zum Beispiel, das eine Festung attackiert. Die Szenenwurden auf einem 25 Meter hohen und 100 Meter breiten Gerüstmontiert; undwenn dann gekämpft wurde, sind die Feuerwerkskörper als Raketen geflogen', sagt Ursula Storch, Leiterindes PratermuseumsÜberliefertistsogar ein Feuerwerk, das Goethes Leiden des jungen Werther'dargestellthabensoll,der Schreiber macht sich ein bisschenlustig, weil die Proportionen nichtganz gepasst haben, aber er beschreibt zum Beispiel die Szene,wie Werther dem Lottchen einen Blumenstrauß überreichtdas istdoch viel toller als das, was wirheute unter Feuerwerken verstehen.' Es ist nur eine jener vergessenen Attraktionen des Praters, die Ursula Storch im Pratermuseumpräsentiert. Venedig in Wien' isteine andere, denn der Prater warimmer ein Ort, wo sich die Wiener die Welt ins Haus geholt haben', erzählt sie. 1895 war die Kaiserwiese unter Wasser gesetzt,zwischen venezianischen Palazzi,in denen es Caf6s, Geschäfte und Glasbläser gab, konnten sich die Wiener in Gondeln herumfahrenlassen. Damit den Wienern nichtlangweilig wurde und damit siejedes Jahr wieder kamen, wurdeaus Venedig später eine spanische Stadt, genauso wie eine japanischeund angeblich auch einmal eine gläserne, aber davon habe ich noch keine Fotos gefunden'. Von den imaginären Minireisen', wie Storch sagt, konntensogar Postkarten verschickt werden. In einer Vitrine steht einesolche mit der Aufschrift Grußvom Nordpol!'in der Bude gabes wahrscheinlich Pappmaschee Eisschollen und einen ausgestopften Eisbären, aber man hat eine Idee bekommen, wie es am Nordpol aussieht'. Einst kaiserliches Jagdgebiet Das Museum selbst und viele seiner Ausstellungsstücke gehen aufden Wiener Heimatforscher Hans Pemmer zurück, der seine Pratersammlung 1964 der Stadt Wienübergeben hatunter der Auflage,dass diese daraus ein Museummacht, dass Pemmer einrichtendarf und das 25 Jahre nicht verändert werden darf. Es war nach Ablauf der Fristan Ursula Storch,das Museum zu modernisieren;1993 wurde es runderneuert wiedereröffnet. Es erzählt die Geschichte des Praters als Vergnügungspark, des grünen Pratersund des Praters als Ausstellungsgelände. Zu sehen gibt es einenausgemusterten Lindwurmmit Plastikblumenkranzaus einer abgerissenen Grottenbahn genausowie ein riesiges Ringelspielpferdweil damals die Erwachsenen Ringelspiel gefahren sind'oderden Wahrsageautomat Internationales Heiraths Vermittlungs Bureau'. Im April des Jahres 1766 öffnete Josef II. den Prater, damals kaiserliches Jagdgebiet, für die Allgemeinheit. Nächstes Jahr wird der Prater also 250 Jahre alt. Es hatkeine zwei Monate gedauert, bisdie ersten Wirte des zweiten Bezirks Ansuchen stellten, entlangder Hauptallee Standln aufzustellen, das war die Keimzelle des Wurschtelpraters, die hatten oftschon ein Kegelspiel oder ein Kasperltheater dabei', sagt Storch. Und der Prater war für alle Gesellschaftsschichten. Da warendie Adeligen und die Dienstmädeln.' Zur Weltausstellung 1873 rüstete der Prater noch einmal auf: Die 1937 wieder abgebrannte Rotundedamals die größte Kuppelder Weltwurde inklusive einesüber einen Kilometer langen Ausstellungsgebäudeserrichtet,55.000 Aussteller fanden sich in Wien ein und angeblich hätteeszwanzig Tage gedauert, hätte manbei jedem Stand auch nur vorbeigehen wollen'. Auch der Wurschtelprater wurde unter die Ägide der Weltausstellung gestellt und aus 80 Hütten wurden 188, die allerdings alle eine Genehmigung der Weltausstellungskommission brauchten. In den Briefverkehren vondamals spiegeln sich Schicksalewider: Jemand hat beispielsweisegeschrieben, er will neben seinem Gebäude einen kleinen Zaun aufstellen, weil er Platz braucht,um Wasser für seine Krokodile zu kochendie brauchen aus irgendeinem Grund abgekochtes Wasser. Aber die Kommission schreibtihm, er soll das wegräumen, dasstört den optischen Eindruck unddas geht nicht. Und dann denkich mir Oh Gott, was ist mit diesen Krokodilenpassiert?' Die Weltausstellung selbst stand unter einem schlechten Stern: Die Besucher blieben nicht nur wegeneines Börsenkrachs aus, sondernauch, weil in Wien die Choleragrassierte. Das Wahrzeichen des Praters,das Riesenrad, tauchte erst 1897auf, und dass es immer nochsteht, ist überhaupt ein Versehen: Eigentlichwar es nurfür ein biszwei Saisonen aufgestellt, es war Wiener Zeitung 06.06.2015 Prater Wien Thomas Trescher 07.06.2015 für Prater Wien Gmb H und Wiener Praterverband zum eigenen Gebrauch nach §42a Urh G. nie geplant, dass das über hundert Jahre da bleibt', sagt Storch, Aber das sind so diese Wiener Provisorien, die es manchmal gibtund dann endlos bleiben.' Ein skurriles Sammelsurium findetman im Pratermuseum. Foto: Puiti