Pferderevue 2022 Prater Wien 28.06.2016 Pferderevue 2022 Prater Wien 28.06.2016 Pferderevue 2022 Prater Wien 28.06.2016 MENSCHEN MIT PFERDESTÄ RKEN TEIL 10: ALEXANDRA REINPRECHT GALOPP UND WIENER WALZER HABEN DENSELBEN TAKT * In dieser Serie stellen wir herausragende Persönlichkeiten und ihre Beziehung zum Freund Pferd vor Menschen mit Pferdestärken. TEXT UND FOTOS: ALEKSANDRA PAWLOFF Alexandra Reinprecht ha
[MEHR]t nach der Matura die Handelsakademie in Mödling absolviert. Diese Ausbildung war kein Herzenswunsch, ihre Sehnsucht waren die Pferde, das Malen und das Singen. Letztendlich hat sie sich für ein anderes Leben entschieden und ist nach Italien gezogen. Am Konservatorium von Triest hat sie sich von Cecilia Fusco zur Sängerin ausbilden lassen. Ihre Engagements haben sie von St. Gallen über Stuttgart und Graz nach Wien an die Staatsoper und an die Volksoper geführt. Dort hat sie ihre Lieblingspartie, die Martha aus der gleichnamigen Oper von Friedrich von Flotow, gesungen. Heuer singt sie die Desdemona aus Othello in Gars am Kamp und die Victoria in Victoria und ihr Husar in München. Das Schönste sei, sagt sie, dass es ihr immer besser gelinge, ihre beiden Leidenschaften, die Pferde und das Singen, beruflich zu kombinieren. im Prater gegründet. Eine davon, meine leider vor kurzem verstorbene Großtante Maria Lindengrün, hat mich in die Reiterei eingeführt. Wie darf man sich das Reiten in diesem familiären und gleichzeitig professionellen Ambiente vorstellen? Was es für mich so speziell gemacht hat, war, dass ich sehr schnell in meine Rechte und Pflichten hineingewachsen bin. Ich war frei, alles nach eigenem Ermessen zu machen, aber in der Wiener Innenstadt hätten mir die Pferde nicht auskommen dürfen. Diese Freiheit war für mich großartig. Ich habe sicher die schönste Zeit meines Lebens im Wiener Prater verbracht. Meine besondere Liebe war Amadeus, ein dreifärbiger Schecke, der mittlerweile 37 Jahre alt ist. Im Sommer bin ich mehr oder minder in den Prater eingezogen, habe im Karussell und in der Reitbahn gearbeitet. Wie sind Sie zur Reiterin geworden? Das war gar keine bewusste Entscheidung, das Reiten wurde mir praktisch von meiner väterlichen Familie in die Wiege gelegt. Mein Urgroßvater hat für seine Töchter das 1. Wiener Ponny Caroussel Was haben Sie durch dieses intensive Zusammensein mit den Pferden Spezielles erlebt? Ich habe dort das Pferdeflüstern für mich entdeckt. Es hat bei uns im Prater ein paar ungebärdige Pferde gegeben, die schon beim leisesten Geräusch durch PFERDEREVUE 712016 GALOPP UND WIENER WALZER HABEN DENSELBEN TAKT ^fr * nßk ivm. K'.''c. Auf dem Weg zum Reitplatz: Maestoso Mintasz und Alexandra Reinprecht streben Lektionen der Hohen Schule an. gegangen sind. Ich bin gebeten worden, mich ein bisschen um sie zu kümmern. Daraufhin habe ich versucht, die Welt aus der Sicht dieser Pferde zu sehen, habe Bücher wie die von Linda Tellington Jones gelesen und dann für mich einen Weg gefunden, sie zu beruhigen. Später hat sich das Reiten mit der Handelsakademie und meinem Aufenthalt in Italien aufgehört. Wie haben Sie zur Reiterei zuriickgefunden? Die Sehnsucht ist immer da gewesen. Wenn ich Zeit hatte, habe ich Amadeus besucht, bin mit ihm auf die Wiese gegangen und habe ihn gestreichelt. Als dann im Prater nach dem Tod meiner Großtante nur mehr ein Shirehorse übrig war, das dringend Bewegung brauchte, habe ich wieder zu reiten begonnen. Dann habe ich ein paar Reitstunden genommen und bin über eine Reitbeteiligung zum Roten gekommen, dem Darino, einem Hannoveraner. Er ist schwierig und untrainiert gewesen, aber wir haben das im Team richtig gut hingekriegt. Gemeinsam sind wir vor zwei Jahren hier in den Stall nach Laaben gezogen. Hatten Sie nach den braven Ponys Angst vor seinem Temperament? Nein, Angst habe ich nie. Respekt schon. Angst schwächt und lässt einen auch langsam werden. Ich bin nicht kopflos. Wenn ein Pferd wirklich schlimm ist oder bösartig, dann gehe ich ihm aus dem Weg. Aber Darino war gar nicht böse, nur stur. Gibt es diese Angstlosigkeit auch in Ihrem sonstigen Leben? Ja, ich bin ein Mensch ohne Angst. Das hat mir auch in meinem Beruf geholfen. Seit die Pferde wieder in mein Leben getreten sind, komme ich drauf, wie viele Parallelen das Reiten und das Singen haben. Sowohl körperlich als auch vom Training her, auch von der Geschwindigkeit her, mit der man Dinge lernt. Wenn man wagemutig ist, geht schnell mal was, aber es sitzt dann einfach nicht richtig. Man muss sich Zeit lassen, damit es gut wird. Das ist beim Reiten genauso wie beim Singen. Ich tauche gerade aus einer beruflichen Krise auf, da hat mir das Reiten unglaublich geholfen, wieder zu atmen. Denn das, was der Sänger bei einer Arie mit dem Atem macht, tut der Reiter beim Aussitzen. Es ist völlig kontraproduktiv, den Atem hoch zu halten und zu stauen, man muss ihn immer fließen lassen, in den unteren Bauch hinein. Beim Reiten merkst du deutlich, wie sich das Pferd durch das richtige Atmen des Reiters lockert. In meiner Krise habe ich oft den Atem angehalten. Ich war wie ein Reh, das auf einer Lichtung steht, in ständiger ' Seitdem die Pferde wieder in mein Leben getreten sind, komme ich drauf, wie viele Parallelen das Reiten und das Singen haben.' MENSCHEN MIT PFERDESTÄ RKEN TEIL 10: ALEXANDRA REINPRECHT mm fi SB"quot; SS , ' T r9: Anspannung. So einen Zustand kennen sicher viele Menschen, wenn sie sich fragen, 'geht es so weiter, kann man so überleben, fängt man wieder von vorne an'? Seit ich zwei Pferde betreue, ist alles klar für mich, ich weiß, wie es zu laufen hat. Die Dinge ordnen sich. Ich kann nur jeden beglückwünschen, der sich auf ein Pferd einlässt. Ich glaube, dass es Ordnung und Heilung ins Leben bringt, mitsamt dem ganzen Dreck und der Arbeit, die damit verbunden sind. Es bringt System ins Leben und Bescheidenheit. Inwiefern führt Pferdehaltung zu Bescheidenheit? Wenn man sich aufs Pferd als ein selbstständiges Lebewesen einlässt, muss man als Mensch in seinem Ehrgeiz zurückstecken und sich dem natürlichen Rhythmus des Lebens, des Tieres unterordnen. Wie weit kann und will das Tier gehen? Vielleicht gelingt nicht alles so schnell wie Der schwarze Lipizzaner Maestoso Mintasz hat Alexandra Reinprecht durch seinen großartigen Charakter überzeugt eigentlich wollte sie noch gar kein eigenes Pferd. Was sie ihm (auch) beigebracht hat: Darino ein Bussi zu geben (unten). man wollte, aber man spürt manchmal: Wenn ich heute aufhöre und nicht weiter dränge, wird es morgen funktionieren. Das finde ich großartig, weil so auch das Pferd mitwächst. Es reicht, ruhig hinzuschauen, vielleicht zwei, drei Stunden das Pferd nur zu beobachten und nichts zu tun. Und dann merkt man eh, den zwickt es da oder er hat eine Darmverstimmung, einen verspannten Muskel oder der Sattel passt nicht. Ich habe das Gefühl, die Pferde spüren, wenn man sie ernst nimmt, sie merken, ich kümmere mich drum, auch wenn man nicht sofort eine Lösung findet. Wie sind Sie zu Ihrem schwarzen Lipizzaner gekommen? Mein Mann hat vor einem Jahr unvorsichtigerweise gesagt, 'wenn du 50 bist und gut beinander, dann kaufen wir ein Pferd für dich.' Ich habe gesagt, 'ja, super', aber so lange habe ich dann doch nicht gewartet. Vor ein paar Jahren bin ich bei der Fete Imperiale aufgetreten. Damals hat mich Max Dobretsberger, der Leiter des Bundesgestüts Piber, in einer schönen einspännigen Kutsche in den Ballsaal gefahren. Wir sind in Kontakt geblieben, und Ende November vergangenen Jahres meinte er zu mir: ' Du, ich hätte da was für dich.' Ich habe mir gedacht, 'na, sicher nicht, ich schaue mir das an, freue mich, tätschle das Pferd und gehe mit Max Dobretsberger zum Heurigen'. Als ich Maestoso Mintasz gesehen habe, dachte ich, 'nein, so ein Riese und auch noch schwarz und mit Ramsnase, das passt ja gar nicht'. Wie hat Maestoso Sie dann vom Gegenteil überzeugt? Ich habe aus Neugierde ein paar meiner Charaktertests gemacht und geschaut, wie er reagiert, was er zu Bändern und Steckerln sagt. Er ist ein fünfjähriger Hengst, der eigentlich zum Fahren gedacht war. Er hat tolle Gänge, einen Galopp wie ein Schaukelpferd. Die Tests waren in Ordnung, daraufhin habe ich mich ohne Sattel draufgesetzt und bin im Hof umhergeritten, ohne Zaumzeug, nur mit einem Strick. Da war mir klar, wenn ein fünfjähriger Hengst alles so gleichmütig akzeptiert, was ich mit ihm mache, dann ist das ein unglaublicher Charakter. Ich habe noch eine Sicherung eingebaut und meinen Mann gefragt, in der Hoffnung, er würde nein sagen, denn 50 werde ich ja erst in acht Jahren. Aber er sagte nur: ' Ich kann nichts dagegen sagen.' Ja, und seitdem dieses Pferd in meinem Leben ist, läuft alles gut. Seit vorigem Dezember. Man sagt ja auch, der bunte Lipizzaner ist ein Glückspferd. Was mir so gut an ihm gefällt, ist diese Dynamik zwischen seiner Riesengestalt, seiner Kraft und seinem Willen, gepaart mit jugendlichem Übermut, einerseits und seiner großen Freundlichkeit. Er nimmt an, was kommt. Ich bring ihm auch ganz andere Sachen bei, wie 'ja' zu sagen oder Bussi geben und das macht ihm Spaß. Das klingt ein bisschen nach Showpferd, wollen Sie in dieser Richtung weitermachen? Ich schaue, wie weit wir liebevoll kommen. Als nächstes sind wir bei der Weltmeisterschaft der Einspänner in Piber (3. bis 8. August 2016, Anm. d. Red.) eingeladen. Wir müssen nur schön sein. Das ist nicht viel, das werden wir hoffentlich schaffen. Das ist unser erster Test als Team. Wir sollen schön geschmückt sein, ich singe reitend ein Lied und wir eröffnen die Weltmeisterschaft für das einspännige Fahren. Das Gelände ist fremd, es wird Bändchen und Geräusche geben, aber was unglaublich gut geht mit ihm, ist, im Galopp zu singen. Diese Gangart hat genau den Wiener Walzer Takt. Ich weiß allerdings nicht, ob wir das schon hinkriegen. Haben Sie außer den künstlerischen auch noch sportliche Pläne mit Ihrem Lipizzaner? Nach Abschluss der Basisausbildung steht das regelmäßige Training an der Hand auf dem Plan, um Maestoso Mintasz an die Lektionen der Hohen Schule, speziell Piaffe und Passage, gezielt und professionell heranzuführen. Mein Traum ist, eines Tages einen Workshop am Heldenberg zu besuchen. 20 PFERDEREVUE 71 2016