Clemens Marschall 07.05.2016 1/3 Wiener Zeitung Einvolksnaher Fürstim Prater Der Praterfeiert2016seinen250. Geburtstag: Unbekannte Praterg schicht n Teil XV. Von Clemens Marschall Wien. Na,nurka Wassernet,na,na,desmaginet daswareinesseinerberühmtesten Couplets,dasauchvonvielen Wienerngesungenundgelebtwurde ,schmunzelt Robert Kaldy Karo, Direktordes Wiener Circusund Clownmuseums. Die Redeistvom urwienerischen Volkssänger Johann Fürst.
[MEHR]Erwurde1825geborenundwuchsinärmlichen Verhältnissenauf,schaffteaberdensozialen Aufstiegunderfreutesichgroßer Beliebtheitbeideneinfachen Leut . Zuseinenpopulären Liederngehörten Aberdie Weana Mad lnhab nallesbeinand , Fiaker Comfortabel , Derblaue Montag und Daserste Busserl .1861kaufte Fürstjene Praterhütte,inder Heinrich Schreyerzuvorsein Affentheaterinszenierthatte. Erbautedas Gebäudeumunderöffnetesein Fürsttheater 1862als Singspielhalle,indererteilsrechtderbe Wiener Volksfigurenpräsentierte,darunter Fiaker Schmalranftlerund Hausherr Gebernek. Fürstübersetzteauchaktuelle Zeitungsmeldungeninseine Einakter,fürdieerdiepassendenskurrilen Schauspielerfand. Zudenberühmtestenzählten Josef Matrasund Ludwig Gottsleben,dernichtnuralskugelrunder Komikerreüssierte,sondernauchselbst Stückeschriebwie Dieschöne Fleischhauerin . Fürstseigentlicher Hausdichteraberwar Karl Bayer,sein Hauskomponist Karl Kleiber. Die Obrigkeitwurdemit Schadenfreudepersifliert: Bayers Wiener Modendamen bestehtausvier Akten,indenenerdas Personalin Kostümenverschiedener Wagneropernauftretenlässtunddie Bayreuther Festspieleander Naseherumführt. Solocktendiese Theatereinegewisse Zuschauerschaftan,wieeinerseinerehemaligen Schauspielerim Neuigkeits Welt Blattvom19. April1908schreibt: Das Publikumrekrutiertesichauseinemgewissen Kreisder Wiener Bevölkerung,dasgrößte Kontingentstelltendiereichen Fabrikanten, Fleischhauer, Selcher, Wirteundbehäbigereiche Wiener Bürgermitihren Familien. Fürstverstandesaberauchwievorundnachihmkeiner,seinen Stammgästendierichtige Kostvorzusetzen, Frivolitätenund Zweideutigkeitenwarenaufseiner Bühneverpönt,aber Wiener Figuren,echter Wiener Humorwarenes,dieeinengewissen Kontaktzwischen Schauspielerund Publikumherstelltenunddasintimste Verständnisfanden. Sahendochdie Zuschauergrößtenteilsihreigenes Ich vonden Darstellernverkörpertaufder Bühnewieder. An Sonnund Feiertagenwurdentäglichzwei Vorstellungengegeben,wiedas Neuigkeits Welt Blattweiterausführt: Wiestarkder Besuchdes Theatersstetswar,läßtsichwohldarausersehen,daßeinebeim Eingangangebrachte Eisenstange,welche1 Zolldickund1 Klasterlangwarundals Queuewährenddes Einlassesdiente,einmalzwischendenbeiden Vorstellungendurchdengewaltsamen Andrangdes Publikumszueinem Sgebogenwurde! 1876eröffnetegegenübervom Fürsttheaterder Zirkus Carré,indem Ringkämpfestattfanden,woraufhin Fürst Bayerden Auftraggab,ein Stückmiteiner Ringkampfszenezuschreiben,inderder Liebhaberdes Stücksvon Fürstselbstgeworfenwurde. Tödliche Verschandelungdes Theaters Im Kleinen Blattvom31. August1957stehtüberdenwomöglichen Gipfelvondem,wassichdas Fürsttheatererlaubte: Anläßlichder Trauerfeierfürdenverstorbenen Dichter Hoppgingeinvon Stixverfaßtes Stück Das Lebenein Traum in Szene. Indessen Verlaufderbedauernswerte Dichtersterbendim Bettlag,sichnach Fallendes Vorhangesfürdie Teilnahmeanseinem Leichenbegängnisbedankte. Das Fremdenblattwarempörtundnanntedieses Machwerk ein Monstruman Unsinnundfrivoler Impietät ,aberdas Praterpublikumpaschteundjohltevor Begeisterung. Im Fürst Theatergabesebenimmereinerichtige Hetz,undmankonnteaußerdemin Hemdärmelndem Geschehenfolgen. Füreinen Witzwarihmniemandzuschade,aber Fürstgaltalsgroßzügigundals grader Michl . Esgabeine Stammtischrundefürallseine Mitarbeiter,dieals Stätteurwüchsigen Humorsgalt. Zuseinen Leidenschaftenzählten Essen, Trinkenund Rauchen: Fürstsangdie Wiener Liedernichtnur,sondernverkörpertesieauchmit Leibund Seele. Im Neuigkeits Welt Blattschreibteinehemaliger Schauspieler: Errauchtestetseineteure Spezialitätensorte,welcheunssehrindie Augenstachundindie Naseroch ,undweiter: Alsim Frühjahrnachdem Ringtheaterbrandanbeiden Seitenundvornehölzerne Stiegenanseinem Theaterals Vorsichtsmaßregelnbeieinereventuellen Feuergefahrangebrachtwerdenmußtenunddieganze Architekturdesnetten Bauesdadurchverschandeltwurde,stand Fürstseinem Theatergegenüberbeim Eingang zum Eisvogel undsagtezum Polizeikommissär R.mit Träneninden Augen: Doschau n S her,jetzthams maausmein Theatera Froschhäuschlmitdö Latterng macht;jetztg freutmi dösganze Zeugnetmehr! Fürstüberlebtediese Verschandelung tatsächlichnichtlangeundstarbam19. Oktober1882als einerderbestenundehrlichsten Menschen ,wieesim Artikelweiterheißt. Ein Stückder gutenalten Zeit wurdemitihm Clemens Marschall 07.05.2016 2/3 Wiener Zeitung begraben. Fürsts Erbenwaren Barbaraund Berta Nippicher,den Vormundseiner Kinderübernahm Bayer. Dieneue Direktion Bayer Nippicherversuchtetreu,den Spielplanim Geiste Fürstsweiterzuführen. Vonder Raumzur Lichtspielbühne1891übernahm Paul Mestrozidie Direktion;nachmehreren Betreiberwechselntrat1892 Heinrich Jantschin Fürsts Fußstapfen. Erwandeltedie Praterbühneinein Theatermitklassischem Programmumundwurdevon Kritikernfürseine überraschendsauberen Aufführungen gelobt. Das PraterpublikumwolltedieseÄnderungnurbedingtmitgehen,undsosetztesichbaldeinprogrammatisches Allerleidurch. Am2. Februar1899starb Jantsch,aufdenverschiedene Direktorenfolgten,etwa Josef Jarno,dersowohlernsteliterarische Werke,alsauchleichte Possenund Operettenzur Aufführungbrachte.1927wurdedas Theaterzumdamalshochmodernen Kinoumgebaut,oder,wie Hans Pemmerinseinem Klassiker Der Prater schreibt: Die Lichtspielbühnehattewiedereinmalüberdie Raumbühnegesiegt. Dochdas Lustspielkinowurdezueinemderschönsten Kinosvon Wien:mit1100 Zuschauerplätzen,einergroßen Orgelundbeeindruckenden Beleuchtungseffekten. Ab1938wurdedas Kinoals Filmpalastgeführtundessollteeinesderganzwenigen Gebäudewerden,dasdie Brändeund Angriffedes Zweiten Weltkriegsüberstand. Doch Schauspielerzuseinhießindieser Zeitgenerellnichtnur Glanzvolles. Ineiner Gewerkschaftszeitungausden1940er Jahrenwirdeinejunge Schauspielerinzitiert: Esisteinetraurige,aberleidernichtwegzuleugnende Tatsache,daßallgemeindie Begriffe Theaterund Unsittlichkeit,die Begriffe Schauspielerinund Dirnemiteinanderverbundenwerden,unddaßder Schauspielerstandvonderbürgerlichen Gesellschaftboykottiertwird. Ofthörtmandas Wort: Sieistzwar Schauspielerin,abertrotzdemeineanständige Person. Auchabgesehendavonhattenes Schauspielerinnennichtleicht,wieesindem Artikelweiterheißt: Häufigistder Aufwandfür Kleiderund Schmuck,deneine Rolleerfordert,sogroß,daßernichtausdem Gehaltder Schauspielerinbestrittenwerdenkann. Unddochistesalter Theaterbrauch,daßden Damenwederhistorische Kostümenochmoderne Toilettenvonden Direktionengeliefertwerden. Kaldy Karonickt: Ein Mannhatauchmindestensgebrauchteinen Abend,einen Tages,undeinen Reiseanzug insgesamtsichereinhalbes Dutzend Anzüge. Aberbeiden Damenwaresnochaufwändiger,wennsiereüssierenwollten. Inden1970er Jahrengabes Wiederbelebungsversucheimehemaligen Fürsttheaterundnunmehrigen Kino,undzwarin Formvon Vorstellungenfür Schüler,so Kaldy Karo: Dahatmanan Vormittagenfür Schulklassenkleine Varietévorführungengemacht,woalte Artistenaufgetretensind:die Clausson Brothers,die Akrobatikauf Leiternzeigten,das Duo Holtmitseiner Messerwerfershow,eine Pudeldressur, Jongleureundder Zauberer Bobby Reno. Manhatesprobiert,abereswarim Grundevorbei. Kaldy Karohatsicheinpaardieser Vorstellungenangesehen,dochanseinenletzten Besucherinnertsichderfrühere Hauptbrandmeisternochgenau: Dasnächste Mal,alsichdortwar,hateslichterlohgebrannt,undichhabe1981alsjunger Feuerwehrmannversucht,das Hauszulöschen. Abereswarbereitsimschönsten Vollbrand,dakonntemannichtmehrvielmachen. Dochder Johann Fürst Platzim Wurstelpratererweistihmbisheutedie Ehre. Die Serie Unbekannte Praterg schicht n von Clemens Marschallundseinemwissenschaftlichen Berater Robert Kaldy Karoerscheintzumrunden Prater Jubiläumwöchentlichinder Wiener Zeitung . Siebeleuchtetobskure Nebensträngeder Geschichte. Archivbildband 250 Jahre Prater im Sutton Verlag. Sonderausstellung 250 Jahre Wiener Prater im Circusund Clownmuseum Wien(2., Ilgpl.7)www.circusclownmuseum.atwww.wienerzeitung.at/prater Clemens Marschall 07.05.2016 3/3 Wiener Zeitung Johann Fürsts Singspielhalleim Wiener Prater das Fürsttheater entstand1862. Foto: Circus Clownmuseum