Prater Wien Julia Herrnböck Politisches Vakuumam Wiener Straßenstrich Mega Laufhäuser', Flatrate Bordelle': Geschäftsmännertesten, wie weit sieden Umbruch im Rotlichtgewerbenutzen können. Aufdem Straßenstrichkommteszunehmendzu Eskalationen. Julia Herrnbackvverdie heißen Sommernächte in den Lokalen im Wiener Praterdurchtanzt, kann sie sehen: die Freier,wie sie im Scheinwerferlichtwendender Taxisan Bäume gelehntbedient werd
[MEHR]en. Den Frauen aufdem Straßenstrich bleibt nichtviel anderes übrig: Die rotgrüne Stadtregierung hat ihr Versprechen, mit Einführung des neuen Prostitutionsgesetzes für sichere Zonen zu sorgen, nicht eingehalten. Fast zwei Jahre sind seitdemvergangen. Immer noch stehen sie, Meteran Meter, im Prater und bei der Autobahnausfahrt Auhof. Die Konkurrenz ist groß, die Preise haben ein historisches Tief erreicht, Revierkämpfe unter Prostituiertenund ihren Beschützern' sindander Tagesordnung. Nach einer Attacke mit Pfefferspray in der Messestraße wird M. im April 2013 indie Notaufnahme gebracht. Einige Polizisten standen daneben, siehaben sich geweigert, mir zu helfen', erzählt die 46jährige Russin. Die Rechnungvon 128 Euro fürden Krankentransport musste siestunden lassen. Das Geschäft läuftnicht sehr gut. Zusätzlich würde die Polizei sieseit Monaten mit Strafen übersäen,behauptet sie. Zum Beweis hatsie Rechnungen und Anzeigenmitgebracht. Sogarvorihrer Haustür habe sie eine Anzeige bekommen,weil sie in ihrer Arbeitskleidung nach Hause gestöckeltwar. Erstvorwenigen Tagen kassierte sie wieder eine Anzeige in der Max Korne Gasselaut Flächenwichnunisplankein Wohngebiet. Blickkontaktzuvorbeifahrenden Kfz Lenkern gesucht', vorbeifahrende Fahrzeuglenker durch Winken und/oder Kopfbewegungenauf sich aufmerksam gemacht', istdarauf vermerkt. Das kostet500 Euro. Den Frauen in den Büschenist nichts passiert. Die Polizeipickt sich immer die Gleichenraus', meint M. Entweder jung oder billig Wie sie die Strafe zahlen soll,wisse sie nicht. Ihre Augen flackern, sie zündet sich eine Zigarette nach der anderen an. Ihre Preise will M. nichtnennen. Werin einschlägigen Foren nachliest,kapiert schnell, dass die Nebenbuhlerinnen jünger sind. Wer mithalten will, muss unschlagbar billig seinoderausweichen auf illegale Stellplätze. Dochwerdort erwischt wird, zahlthohe Strafenauch die Freier. Viele Beobachter vermuten,esseinureine Frage der Zeit, bis der Straßenstrichganzverboten wird. Fix ist, dass mit der Eröffnung derneuen Studentenheime im Praterder Standort auch illegal wird. Esbleibennurdie Brunner Straßeund die Tankstelle in Auhof,wasselbstvonder Polizei als gefährlich eingestuft wird. Einige Geschäftsmänneraus der Szene versuchen, das politische Vakuum für sichzunützen. Werner Schmuck plante im Vorjahrein Mega Laufhaus' an einem geheimen Standort. Nach einem Bericht im STANDARDzogder Gemeindepolitiker, der den Standort inder Nähe Wiens zugesagt hatte,sein Angebot wieder zurück. Zugroßwarder politische Wirbel. Ohne Zeitlimitzum Fixpreis Peter Laskaris, der auch in das Projekt involviertwar, testete gerade die Reaktion auf die Ideeeines Flatrate Puffs',woder Kunde für ein Fixumvon 99 Eurosich so lange vergnügen kann, wieesseine Kräfte zulassen. Vongeschmacklos' bis menschenverachtend' reichten die Kommentare. Laskaris blies die Eröffnung ab;nicht zuletzt, weil ihm die Polizeikeine Genehmigung erteilte. Im Prostitutionsreferatwirdseine Idee als Zuhälterei eingestuft. In Deutschland gibtesdas Geschäftsmodell bereits seit einigen Jahren. Das istper senichtschlechter oder besser als andere Formen der Prostitution', sagt Astrid Gabbvon Madonna, einer Beratungsstelle für Sexarbeiterinnenin Bochum. Auf die Bedingungenkommees an,und diekönnen in jedem Nobelklubunwürdig sein'. Ein Beispiel für einseitige Berichterstattung sei der Pussycat Club in Stuttgart. Der wurdewegen Problemen mit der Sozialversicherung geschlossenaber die Medien berichtetenvon Frauenhandel. Dann haben die Fraueneine Erklärung mit ihren echten Namen veröffentlicht,dass siedort gut verdient haben und gutbehandelt wurden.' Drivein Sexstatt Straßenstrichin Zürich UIdie Prostitutionvonder Straßezubekommen, tratim November 2011 in Wieneinneues Prostitutionsgesetzin Kraft. Seitdem ist der Straßenstrich in Wohngebieten verbotengleichzeitig wurden sogenannte Erlaubniszonen geschaffen. Dochdiese Bereiche seien nicht entsprechend sicher, kritisiert die Szene. In der Schweiz hat man einenanderen Weg gewählt,umden Straßenstrichausdem Stadtbildzurückzudrängen Im Züricher Rotlichtviertel Altstetten wirdesab dem 26. August sogenannte Sexboxen gebenim Grundegenommeneine große Garagenanlage,die täglichvon 19bis 5 Uhrgeöffnet sein wird. Die Prostituiertehatam Automatenihre Gebührvonfünf Frankenpro Arbeitstagzuentrichten, der Freier kann mitseinem Auto direkt in die Box hineinfahren. Gleichzeitig mit der Eröffnungdieser Sexboxen wird dervonden Anwohnern kritisierte genehmigte Straßenstrich am Sihlquai aufgehoben. (red) Prater Wien Julia Herrnböck Platzkämpfe in der Rotlicht Szenevor Gericht Michael Mösene der Ende September wird klarsein, ob Richard Steiner der Pate des Wiener Gürtels waroder schlicht ein erfolgreicher Geschäftsmann, der die Sexindustrieorganisierte und für Ruhe und Frieden auf der ehemaligen Puffmeile der Bundeshauptstadtgesorgt hat. Eigentlich hätte dermehrwöchige Monsterprozessgegen Steiner und fünf Mitangeklagtemitdutzenden Zeugenschon Anfang August beendetwerden sollendoch ein wichtiger Zeuge der Staatsanwaltschaftist offenbar unauffindbar. Wie sich das Schöffengerichtunter Vorsitz von Stefan Erdei entscheidet, ist noch ziemlich offen. Dass Steiner in der Szene respektiert wurde, bestreitet der 42 Jährige selbst nicht. Nur habe dasnichts mit Erpressung oder Gewaltzu tungehabteinzig seine Untergebenen gaben bisher mehr oderwenigerzu,teilweise bei Anschlägeninvolviertgewesen zusein. Dievon Polizei und Staatsanwaltschaft aufgebotenen Belastungszeugen waren ebenso nichtganz soergiebig wievonden Anklägern gehofft. Der Hauptbelastungszeuge, der von einer von Steiner befohlenen blutigen Entführung und Misshandlung einesoberösterreichischen Bordell Geschäftsführerssprach,musstesich peinliche Fragen stellen lassen. Denn Protokolle der überwachten Telefongesprächezeigen,dasserdem Opfer kurzvorher massiv gedroht hatteunderalso selbst der Anstiftergewesensein könnte. In die Falle gelockt? Ein Vertreter der Wiener Szene, Spitzname Versace', der Steinerwegen Nötigung angezeigt hatte,dementierte dasvor Gericht. 700 Euro Schutzgeld habeerdennochgezahltfür die Summe habemanaber ein Security Service bekommen,alle Mitglieder hätten freiwillig gezahlt, argumentieren die Angeklagten. Wer geradewenundwie beschuldigt, hängt mit jahrelangen Platzkämpfen in der Szenezusammen. Versace' beispielsweise hat sich nach 2007 atif die Seitevon Harald H., geschlagen,einem Gegenspielervon Steiner. Steiner selbst sieht sich als Polizeiopfer. Er ist davon überzeugt,dass ihn die Exekutivesogarin Fallen locken wollte,um Beweisezubekommen,eraber dieexekutiven Absichten erkannte. Dieüber zweijährigen Ermittlungengegenihn hätten nichts Substanziellesans Licht gebracht,argumentiert auch sein Anwalt Christian Werner.Österreichs Justiz wird sichaber in absehbarer Zeit mit einerweiteren Größe des Milieus beschäftigen müssen. Anfang des Jahres wurde der Manager einer Wiener FKKSauna, einer Einrichtung, wo sowohl Freier als auch Prostituierte Eintritt zahlen müssenund Letztere dort direkt kassieren, festgenommen. Der Verdacht: Er soll zwei Brandstiftungenauf andere Etablissements in Auftrag gegeben haben Gesamtschaden fast drei Millionen Euro. Die Täter sollenauseiner kriminellen Gruppe stammen, die auch Verbindungenzurrechtsextremen Gruppe des Objekt 21' in Oberösterreich haben. Der Zeitpunkt des großen Prozesses stehtaber noch nicht fest. Vier der sechs Angeklagten im Prozessumangebliche Schutzgelderpressungen am Wiener Gürtel. Foto: APAFinale im Monsterprozessgegenangeblichen Wiener Capo Waden auf Anklagegegen Sauna Manager Prater Wien Julia Herrnböck Das Rotlichtgeschäft ist im Umbruch. Dieses Bild ist aber inszeniert und stammt vom Deutschen Theater in Göttingen. Foto: dpo/ Winorsch