Prater Wien Julia Schrenk ' Berichtist schlampigrecherchiert' Expertenstreit. Das Dokumentationsarchivkritisiert den Historiker Berichtüber die Wiener Straß/ ON JULIA SCHRENKIst es in Ordnung, dass Historiker Nazis, Antisemiten und Austrofaschisten in weniger Schlimme undganz Schlimme einteilen? Stephan Rothvom Dokume?reationsarchivdes Österreichischen Widerstandes ( DÖ W) meint: Nein. Er übt nun Kritikam Berichtüber die
[MEHR] Wiener Straßennamen,den das Teamum Universitätsprofessor Oliver Rathkolb Anfang Julipräsentierte hatte(siehe Bericht rechts). Problematisch' Der Bericht ist schlampigrecherchiert',sagt DÖ WBibliothekar Stephan Roth. Die Kategorisierung der Straßennamen seiextrem problematisch'. Im Berichtwerden die Personen, nachdenendie Straßen benanntsind, unterteilt in Fällemitintensivem Diskussionsbedarf', Fälle mit Diskussionsbedarf' und Fälle mit demokratiepolitischrelevantenbiografischen Lücken'. Dasist laut Stephan Rothvom DÖ W problematisch. Es istdie Aufgabe der Wissenschaftler, diese Lückenzuschließen',sagt er. Und: Es ist nicht die Aufgabe der Historiker,zu sagen:, Das ist der Super Böse, das istder Mittel Böse und dasistderganz Lockere.' Das seiauch der Grund für die Inkonsequenz'' des Berichtes: Manche Namen seien nichtnachvollziehbareingeordnet, andere fehlen laut Roth. Zum Beispiel der österreichische Feldmarschall Radetzky. Er kämpftegegen Revolutionäre. Ähnlich wie Franz Ludwig Freiherrvon Weiden, nach dem in Wien Favoriten eine Straße benanntist. Bei Weidenherrscht laut Bericht,intensiver Diskussionsbedarf', alsohöchste Alert Stufe. Aber Radetzky mit seinem beliebten Marschder kommt in dem Berichtgarnicht vor.' Roths Lieblingsthema'ist aber ein anderes. Nämlichjenes des Industriellen Heinz Nixdorf und des Leopoldstädter Wirten Karl Kolarik. Nixdorf wurde im Altervon18 Jahren NSDAPMitglied. So wie zirka 600.000 andereÖsterreicherauch',sagt Roth. Aber: Karl Kolarik, ehemaliger Wirt des Schweizerhauses im Prater, sei bekannter Nazi gewesen. Über ihnfindet sich aber kein Vermerk im Bericht: Schon seit1932war Kolarik Nazi. Ausseinem Gauakt geht hervor,dasseranderen Nazis illegalerweise Jobs im Schweizerhaus verschafft hat. Warumsteht also der eine drin undder andere nicht?' Schon 2007, als das Dokumentationsarchiveinen Bericht über die Straßennamender Leopoldstadt veröffentlichte, habe die Bezirksvorstehungtrotz Hinweisesvon einer Veröffentlichungdes Namens Kolarik abgesehen. Dass der Namejetztnicht in Rathkolbs Berichtaufscheint, nähre den Verdacht, dass der Bericht politisch indiziert' sei. Auch der Wiener Philosoph Otto Weiningeristnicht im Bericht der Historikeraufgelistet. Weiningerwar zwar Jude, trat aberzum Protestantismus überundvertrat laut Roth extremantisemitische und frauenfeindliche Positionen'. Nachihm ist eine Straße in Wien Hietzing benannt. Streitfälle' Oliver Rathkolb, Professorfür Zeitgeschichteander Uni Wien und Projektleiter des Berichts über die Wiener Straßennamen, weist Roths Kritikals absolut lächerlich' zurück. Dass bei 4500 Personennamen,diewirdurchgearbeitet haben, einer oder zwei fehlen, passiert',sagt Rathkolb. Unddasses Streitfälle' gebenkann,seiden Forscherndurchaus bewusstgewesen. Auf Otto Weiningeretwahabeman nach langer Diskussion bewusstverzichtet. Werdeer angeführt, müsstemanbeispielsweiseauch Karl Krausnennen, der ebenfallsantisemitische Äußerungen getätigt habe. Rathkolb versteht die Kritik nicht,man sei bisher durchwegsfür den Bericht gelobtworden. Und: Schon in der Einleitungunseres Berichtssteht, dass das Ergebnis alsvorläufigzu betrachten ist.' Hinweise und Ergänzungen nehme man gerne entgegen. Im September soll eine Neuauflage des Berichtserscheinen. Stephan Roth ( MW): Berichtwurde schlampig recherchiert'21. Zeithistoriker Oliver Rathkolb: Die Kritik ist absolutlächerlich'